Römer-Fundroute
Römische Zeugnisse kommen an ihre Fundorte zurück
Zusammen mit dem diesjährigen IX. Römertag (23./24. April 2016) „Forscher und Funde. 2000 Jahre Römer – 200 Jahre Rheinhessen“ startet mit der „Römer-fundroute im Rheinhessen-Jubiläum: Rheinhessen im Spiegel besonderer ausge-wählter römischer Funde“ eine weitere Initiative des Arbeitskreises Regional-parkideen-Römerroute.
Dabei werden an verschiedenen Orten in Rheinhessen einzelne besondere Fund-stücke der Römerzeit, die in den Depots der GDKE sowie rheinhessischer Museen lagern, an ihre ursprünglichen Fundorte zurückgebracht und der Öffentlichkeit für die Zeit zwischen dem 23. April und Ende Juli 2016 präsentiert.
Dies sind die beiden ersten Stationen:
Klein-Winternheim
Die Replik einer 1884 im Bereich der Flur Villenkeller gefundenen Votivtafel des römischen Konsuls Veiento dokumentiert die Anwesenheit dieses hochangesehenen Senators aus der Zeit der Flavischen Dynastie (69-96 n. Chr.) und Teilnehmers am Chattenkrieg 83 n. Chr., der bei einem Besuch des in der Nähe des Fundorts vermuteten Heiligtums des Mars und der Nemetona den Gottheiten ein Weihegeschenk überreicht hat.
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Ort: Heimatmuseum des Geschichtsvereins Klein-Winternheim, Hauptstraße 6, 55270 Klein-Winternheim.
Zeit: ab 23. April 2016 (ab 11:00 Uhr Auftakt mit Vorträgen und anschließender Präsentation der Votivtafel; ansonsten Öffnungszeiten des Museums jeweils am 1. Sonntag im Monat, 15:00-17:00 Uhr, oder nach Vereinbarung: Tel.: 06136 / 88743).
Gimbsheim
Mit einem Legionärshelm und einer Bronzekanne aus dem 1. Jahrhundert n. Chr. werden zwei Exponate gezeigt, die Mitte der 1970er Jahre im Eicher Kieswerk Wörle gefunden wurden. Zusammen mit anderen am Fundort geborgenen militärischen Ausrüstungsgegenständen bilden die beiden gezeigten Exponate ein Fundensemble, das darauf hindeutet, dass sich in diesem Bereich des Altrheins eine Furt mit einer Fährverbindung oder eine Schiffslände (Wehranlage mit befestigtem Uferbereich) befunden hat.
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Ort: Museum der VG Eich in Gimbsheim, Hauptstr. 10, 67578 Gimbsheim.
Zeit: 24. April - 8. Mai 2016 (Öffnungszeiten des Museums: sonntags 14.00 - 18.00 Uhr).
Tempelbezirk des Mars Leucetius und der Nemetona am Winternheimer Berg
In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts wurden am Winternheimer Berg an der Schnittstelle der drei Dorfgemarkungen Klein-Winternheim, Ober-Olm und Mainz-Ebersheim zwei Weiheinschriften und mehrere Votivgaben gefunden, die auf die Existenz eines überregional bedeutenden Tempelbezirks für das Götterpaar Mars Leucetius und Nemetona hindeuten.
Eine der Inschriften befindet sich auf einem 18,5 cm x 10 cm großen und etwa 3 mm dicken, rechteckigen Täfelchen aus Weißmetall - einer sogenannten tabulata ansata (Ansaten werden die peltenförmigen Ansätze an den Schmalseiten genannt) - welches 1884 im Weinberg bei Rodungsarbeiten gefunden wurde. Die Inschrift lautet wie folgt:
A(ulus) Didius Gallus / [F]abricius Veiento co(n)s(ul) / III XV vir sacris faciend(is) / sodalis Augustal(is) sod(alis) Flavial(is) / sod(alis) IIIIalis et Attica eius / Nemeton(ae) v(otum) s(olvit) l(ibens) m(erito)
Aulus Didius Gallus Fabricius Veiento, Konsul zum dritten Male, Mitglied des Quindecimviralkollegiums sowie (der Priesterschaften) der Sodalis Augustalis, Flavialis und Titialis, hat mit seiner Gemahlin Attica der (Göttin) Nemetona das Gelübde eingelöst, gerne und verdientermaßen.
Jener Aulus Didius Gallus Fabricius Veiento war Angehöriger des Adels. Er durchlief die senatorische Laufbahn und wurde unter Nero (54–68 n. Chr.) Prätor sowie jeweils einmal Konsul unter Vespasian (69–79 n. Chr.), Titus (79–81 n. Chr.) und Domitian (81–96 n. Chr.). Veiento war Mitglied in zwei Priesterschaften des Kaiserkultes und militärischer Berater unter Domitian, was ihn im Jahr 83 im Zuge der Chattenkriege nach Mogontiacum führte. Aufgrund dessen wird die Weihetafel ebenfalls in dieses Jahr datiert. Diese Weihung an eine keltische Gottheit durch einen gesellschaftlich hochgestellten Römer und Nichteinheimischen unterstreicht die überregionale Bedeutung und das Ansehen des Kultes. Funde von Votivlanzen und Waffen als Weihgeschenke sprechen ebenfalls für ein Heiligtum.
Eine Brunneninschrift, welche 1852 im Bereich „Füllkeller“ in Klein-Winternheim gefunden wurde, zeigt, dass neben Nemetona auch der Gott Mars Leucetius in jenem Tempelbezirk verehrt wurde. Unklar ist allerdings, ob ihm ein eigenes Heiligtum gewidmet war oder beiden Gottheiten ein Tempel geweiht war, was eine gängige Praxis in der römischen Religion darstellte. Mars war bei dem gallischen Stamm der Treverer sehr beliebt und wurde neben Apollo und Merkur am häufigsten verehrt. Die Kombination eines römischen Gottes (Mars) mit einer einheimischen Gottheit (Leucetius), ist ein vielfach zu beobachtendes Phänomen der römischen Religion und wird als „interpretatio Romana“ bezeichnet. Dabei wurden Gottheiten zweier Religionen mit ähnlichen Eigenschaften zu einer verschmolzen. So existierten im Falle des Gottes Mars gleich mehrere Varianten, bei denen unterschiedliche einheimische Götter mit dem italischen Gott verbunden wurden (Mars Lenus, Mars Cnabetius). Im Gegensatz zu der allgemein verbreiteten Vorstellung als Kriegsgott wurde Mars in Gallien hauptsächlich als Heil- und Fruchtbarkeitsgott verehrt.
Die zweite Inschrift befand sich ursprünglich auf 4 Kalksteinplatten, von denen die 2 mittleren (jeweils 1,08 m hoch und 0,70 m breit) gefunden wurden. Petrographische Untersuchungen ergaben als Herkunftsgebiet die Region Lothringen in Frankreich. Die Inschrift lautet wie folgt:
[Marti Le]ucetio L. Iulius B / […] ulla fontem et it[er per] / [possessi]onem suam ad tem[plum con] / [cessit?] Aresace s publice p[oserunt]
Dem Mars Leucetius hat L. Iulius, Sohn (?) des …, … ulla seine Quelle und eine Wasserleitung über sein Grundstück bis zum Tempel zur Verfügung gestellt. Die Aresaces haben durch öffentlichen Beschluss diese Inschrift gesetzt.
Aus der Inschrift geht hervor, dass sich der heilige Bezirk in der Zuständigkeit der Aresaces, einem Teilstamm der Treverer, befand. Damit sind die Aresacen auch als Bewohner jener Region identifiziert.
Die beiden Inschriften befinden sich heute im Landesmuseum Mainz.
Verfasser: Lutz Luckhaupt, Daniel Burger
Literatur:
- Jakobi, Hans: Mogontiacum. Das römische Mainz. Mainz 1996.
- Steinmann, Wolfgang: Keltische und römische Einflüsse im Raum Klein-Winternheim und Ober-Olm. In: 900 Jahre Klein-Winternheim. Klein-Winternheim 1999, S. 57-80.
Eich – Römische Metallfunde
In den Jahren 1970 und 1971 wurden in Eich einige römerzeitliche Metallfunde gemacht, die nach ihrer Bergung ins Museum der Stadt Worms gebracht wurden.
Besonders erwähnenswert ist ein Legionärshelm, der zusammen mit mehreren anderen römischen Funden, wie beispielsweise einer birnenförmigen Bronzekanne oder Keramik aus dem 2.-3. Jahrhundert, bei Baggerarbeiten in etwa 10 Metern Tiefe gefunden wurde. Es handelt sich wahrscheinlich um keinen geschlossenen Fundkomplex, da sich die verschiedenen Funde über einen Zeitraum von 100 bis 200 Jahren datieren lassen.
Der angesprochene Helm besteht aus Messing, war aber ursprünglich vollständig verzinnt, was ein silbernes Aussehen bewirkte. Auf der Stirnseite der Helmkalotte wurde zur Verzierung ein S-förmiges Flügelornament eingetrieben. Zwischen jenem Ornament ist ein Loch zu sehen. Dort war ursprünglich ein Häkchen zur Befestigung des Helmschmucks angebracht. Zur Befestigung des Helmschmucks diente auch der Helmknauf. In der Mitte des Nackenschirms befindet sich eine Niet, welche eine Ösenvorrichtung festhielt. In diese Vorrichtung waren Ringe eingelassen, die beim Marsch zum Tragen des Helmes dienten; aber auch um einen Lederriemen zu befestigen, der mit dem Kinnriemen verbunden werden konnte, um einen festen Sitz auf dem Kopf zu gewährleisten. Entsprechende Nietlöcher deuten auf Wangenklappen hin, diese sind aber nicht mehr vorhanden.
Viele Merkmale des Helmes deuten darauf hin, dass der Helm zum sogenannten Typ „Weisenau“ gehört, der vor allem im 1. Jahrhundert n. Chr. verbreitet war. Die Ohrausschnitte hinter den Wangenklappen sind beispielhaft für diesen Typus. Ebenso die S-förmige Verzierung an der Vorderseite, der weit nach unten gezogene und „gerippte“ Nackenteil des Helms sowie die ovale und abgeflachte Kalottenform.
Die Form des Helmknaufs ist allerdings unüblich für den Typ „Weisenau“, bei dem es eher genietete Hülsen waren. Ebenso untypisch ist die tordierte Leiste am unteren Helmrand. Auffällig ist auch die nur ganz geringfügige Aussparung für die Ohren. Aufgrund der Nietlöcher ist nachweisbar, dass die Wangenklappen des Helms zuerst weiter hinten befestigt sein mussten. Aufgrund ihres ursprünglichen Befestigungsortes hatten die Wangenklappen somit keinen Platz für Ohraussparungen gelassen. Somit gab es zu Beginn möglicherweise gar keine Ohraussparungen und der Helm wurde später umgearbeitet. Möglicherweise handelt es sich bei dem Helm um eine Mischform der „Hagenau“- und der „Weisenau“-Typen.
In Nijmegen in den Niederlanden wurde ein Helm nahezu gleicher Form gefunden, der aufgrund der Fundumstände in augusteische Zeit datiert wird. Eine Datierung des Eicher Helms in dieselbe Zeit ist durchaus möglich.
Die meisten römischen Funde in Eich wurden bei Baggerarbeiten in Kiesgruben (Altrheinarme) entdeckt, was es schwer macht nachzuvollziehen, ob es sich um Flussfunde oder um Siedlungsfunde handelt. Außer den gelegentlichen militärischen Funden gab es lange keine Spur einer römischen Besiedlung, obwohl ein kleiner militärischer Stützpunkt mit Fährbetrieb in Eich denkbar wäre - zumal in Eich bereits ein römerzeitlicher, eiserner Schiffsanker gefunden wurde.
Verfasser: Lutz Luckhaupt
Literatur:
- Oldenstein, Jürgen: Zwei römische Helme aus Eich, Kreis Alzey-Worms. MZ 83 (1988), S. 257-270.
- Rupprecht, Gerd: Eich. Soldatenhelme. In: Heinz Cüppers (Hrsg.): Die Römer in Rheinland-Pfalz. Stuttgart 1990, S. 358.
- Stümpel, Bernhard: Bericht des staatlichen Amtes für Vor- und Frühgeschichte Mainz für die Zeit vom 1. Januar 1970 bis 31. Dezember 1971. MZ 69 (1974), S. 220-263.
- Stümpel, Bernhard: Bericht des staatlichen Amtes für Vor- und Frühgeschichte Mainz für die Zeit vom 1. Januar 1974 bis 31. Dezember 1975. MZ 71/72 (1976/77), S. 248-305.
Fotos: Claudia Weißert, Worms